Die Kirchenglocken

Glockenaufnahme: "Plenum"

- Glocken gehören zum Weihnachtsfest, und mit Glocken läuten wir das neue Jahr ein, - das gehört einfach dazu! Aber wie ist es mit dem Rest des Jahres, und dem Ablauf eines Tages, - sind Glocken noch zeitgemäß? So fragte bereits Pfarrer Lodter 1965 in der Festausgabe zur Weihe der Philippuskirche die Gemeindeglieder und schrieb: „Früher waren (Glocken) einmal das Signalzeichen für den Gottesdienst. Sie schwebten über den Dächern und waren für die Menschen, die den Himmel über dem Sternenzelt suchten, die „Stimme von oben“.
Dieses Signalzeichen konnte nicht überhört werden, denn die Reichelsdorfer Kirchengemeinde war schon mit der ersten Kirche, der sogenannten Notkirche, reich an Glocken! Bei ihrer Errichtung (1926-1927) wurden drei Glocken gegossen, davon hatte eine der neu gegründete Kirchenchor „ersungen“. Zwei Glocken mussten 1942 zu Kriegszwecken abgeliefert werden; als Ergänzung zur einen gebliebenen Glocke wurden 1952 dann weitere zwei Glocken gegossen. Im gleichen Jahr wurde ein historisches Taufglöckchen (1710) aus privater Hand übernommen. Mit dem Bau der Philippuskirche wurden dann alle Glocken erneuert und die Reichelsdorfer Gemeinde mit neun(!) Glocken von Fritz Hintermayr beschenkt. Am 18. September 1965 kamen die in Heidelberg gegossenen Glocken in Reichelsdorf an und wurden in einer schlichten Feier, bei der auch des verstorbenen Stifters gedacht wurde begrüßt. (siehe Bild) Seitdem besitzt die Philippuskirche das drittgrößte Geläute in Nürnberg! Selbst der damalige Gutachter Prof. Friedrich Högner kam aus dem Schwärmen nicht heraus: „…Herr Glockengießermeister Schilling hat ein Kunstwerk ersten Ranges geschaffen … Die Gemeinde wird an ihren Glocken viel Freude erleben…“.
So reich beschenkt, konnte die Gemeinde andere beschenken: 1966 wurde eine Glocke der nicht mehr bestehenden Notkirche nach Tansania, zwei nach Neuguinea und eine nach St. Markus, Schwabach, weitergegeben.
Kunstvoll und deutlich hörbar ist also der Ruf zum Gottesdienst, aber schon vor einem halben Jahrhundert fragt Pfarrer Lodter, ob sie die Menschen auch in Zukunft noch ansprechen werden. Er weiß: „Die Glocken wollen einen guten Dienst tun, den Menschen helfen, dass sie erkennen, wozu sie in dieses Leben gerufen sind.“ Um dies zu konkretisieren, hat jede der Glocken ihre Erinnerungsfunktion: „Die drei großen Glocken weisen hin auf den Dreieinigen Gott, die vierte Glocke weist hin auf das Abendmahl, die fünfte auf die Taufe. Die vier Zimbelglocken variieren das Thema der größten Glocke, also Universalität und Ökumene; die vorletzte Glocke will mit ihrer Aufforderung „Dienet dem Herrn mit Freuden“ hinweisen auf die Diakonie, da die Kirche ja den Namen des Armenpflegers Philippus trägt.“
Hier lässt sich nur mit dem Wunsch Lodters (1959-1972 Gemeindepfarrer in Reichelsdorf) schließen: „Möge der volltönende Ruf der neuen Glocken uns Heutige und die kommende Generation zur Mitte und zum Ziel weisen!“
Die Zitate und Informationen stammen aus dem Reichelsdorfer Kirchenbote, Festausgabe zur Weihe der Philippuskirche am 3. Oktober 1965 sowie aus dem Nürnberger Glockenbuch, Nürnbergs Glocken in Geschichte und Gegenwart, Dieter Schmidt, 2003.
Anja Fuchs

Bildrechte beim Autor